Zuerst Prozess – dann Maschine

„First Process then machine!“ war die kompromisslose Forderung von meinem japanischen Sensai. Dass bevor Maschinen beschafft, zuerst die Herstellungsprozesse definiert werden sollten, scheint eigentlich nur logisch. Aber wie oft wird dieses Grundprinzip denn wirklich eingehalten? Allzu oft wird das bestehende Fertigungskonzept einfach kopiert anstatt strukturiert hinterfragt. Viele Menschen fällen Entscheidungen aufgrund von Erfahrungen und nicht aufgrund von Zahlen, Daten und Fakten. Auch ich habe als junger Techniker häufig das bestehende nachgebildet und zu wenig ergründet.

Und wenn man viele Erfahrungen in einer Technologie gesammelt hat, dann ist es am einfachsten in diesem bekannten Muster weiterzufahren. So werden zum Beispiel weitere gleiche Maschinen beschafft, wenn die vorhandenen alle gut ausgelastet sind. Aber wie oft werden alle Artikel wirklich strukturiert hinterfragt, ob die gewählte Technologie die geeignetste ist? Die Erfahrungen zeigen, dass oft zu wenig Zeit in eine gründliche Analyse und Evaluation investiert wird.

In einer besuchten Firma fand ich sechs Bearbeitungszentren mit je 5 Achsen vor. Bei genauerer Betrachtung habe ich festgestellt, dass mehr als die Hälfte der bearbeiteten Produkte nur eine 3-Achsenbearbeitung bedingen. „Wir müssen immer flexibel bleiben“, war die Antwort auf meine Frage weshalb nicht wenigsten eine oder zwei der sechs Maschinen ein 3-Achsenbearbeitungszentrum seien. Mehrere gleiche Maschinen vom identischen Modell zu betreiben ist grundsätzlich eine gute Idee. Die Flexibilität ist hoch, die Programmierung, sowie Bedienung ist standardisiert und die Bewirtschaftung von Ersatzteilen reduziert sich auf ein Minimum. Aber werden die Prozesse auch strukturiert hinterfragt? Oft wird bei Kapazitätsengpässen einfach nur das bestehende kopiert. Dies scheint beim vorhandenen Zeitdruck und unter Berücksichtigung der Erfahrungen die beste Lösung. Ohne ein kritisches Hinterfragen der Technologien für neue, aber auch für die vorhandenen Artikel, wird die Kopie voraussichtlich nur die zweitbeste Lösung bieten.

Eine grosse, renommierte Firma in der Schweiz hat einen Projektleiter beauftragt, für die zwei bereits bestellten Maschinen das Fertigungskonzept und den Materialfluss zu planen. Das kann ja nur noch eine Kompromisslösung werden! Der besagte Projektleiter wurde zudem noch darauf hingewiesen, dass die Prozesse nicht nur effizient sein sollen, sondern das Gesamtkonzept möglichst repräsentativ sein muss, denn die Firma möchte dem Kunden das Bild einer modernen High-Tech-Firma vermitteln.

Ufff, da sind wohl einige Manager ohne Produktionserfahrung auf Shoppingtour gegangen und Maschinen ausgewählt, welche einen modernen Eindruck vermitteln. Ein Einzelfall? Weit gefehlt! Bei einem Schweizer Unternehmen wurde mir einmal mit Stolz einer Roboterzelle gezeigt. „Für welche Produkte ist der Einsatz geplant“, war meine neugierige Frage. „Das wissen wir noch nicht, aber das Angebot war so verlockend, da mussten wir einfach zuschlagen“, war die Antwort. Wenn zuerst Equipment beschafft und anschliessend versucht wird das Beste aus diesen herauszuholen, wird man in der Regel nicht die sinnvollste Lösung erhalten.

Fordern Sie sich und Ihre Mitarbeiter immer wieder heraus, die bestehenden Lösungen strukturiert zu hinterfragen! Und bei Neubeschaffungen muss der beste Prozess im Voraus entwickelt sein. Lassen Sie sich nicht von günstigen Schnäppchen blenden, denn diese können über die nächsten Jahre viel Geld kosten.

Sie sollten vorerst keine Gespräche über die Maschine führen, solange nicht bekannt ist, wie die Prozesse am besten gestaltet werden! Es erfordert viel Disziplin diese Regel einzuhalten, aber am Schluss wird man mit einem signifikant besseren Resultat belohnt.

Es gilt das Motto: langsame Entscheidungsfindung, schnelle Umsetzung!

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