Kaizen = „Everybody, everywhere and everyday improvements“ – in Japans Gesundheitswesen?
In Japan ist Lean kein etablierter Begriff und lediglich in 150 (von Total 8400) Spitälern wird Total Quality Management (TQM) angewendet. Wie dies genau aussieht, konnte ich heute in zwei Spitälern, dem Daiyukai Hospital und dem Seki Chuo Hospital, beobachten.
Das Daiyukai Hospital in der Nähe von Nagoya mit rund 500 Betten beschäftigt 1400 Personen, davon sind rund 120 Mitarbeitende aus der Medizin. Es war das erste Krankenhaus in Japan, welches X-Ray (Röntgenstrahlung) eingesetzt hat. Die gezeigten Fallstudien der Verbesserungen waren auf einem eher tiefen Niveau und auch der Reifegrad des Kaizen-Gedankens war relativ niedrig. Seit einiger Zeit wird das Krankenhaus jedoch von einem ehemaligen Toyota-Sensei begleitet. Interessanterweise unterscheidet sich der Ablauf eines Verbesserungsprojekts stark von dem in der Schweiz und Europa. Ein Projekt läuft wie folgt ab (siehe Bilder 1-3):
Phase 1: aktuelle Situation besser verstehen, ca. 3 Monate
Phase 2: Daten erfassen und Ziele festlegen, ca. 2 Monate
Phase 3: Umsetzung und Implementierung, ca. 1.5 Monate
Phase 4: Effekte der Verbesserungen messen, ca. 2.5 Monate
Phase 5: Standardisierung, ca. 1 Monat
In der westlichen Welt, vor allem in der Schweiz, Österreich und Deutschland, ist meist während oder nach Phase 4 das Verbesserungsprojekt abgeschlossen und man hetzt zur nächsten Aufgabe oder dem nächsten Projekt. Die Phase 5 hat mich fasziniert und ich sehe sie als grosses Learning von heute. Häufig erlebe ich, dass Unternehmen die Standardisierung sowie die Qualifizierung der Mitarbeitenden und Arbeitsprozesse nicht wirklich strukturiert angehen.
In den acht OP-Sälen wird von 09.00 Uhr bis ca. 20.00 Uhr operiert. Ein Wechsel im Bereich Orthopädie beträgt gemäss ersten Aussagen zwischen 30-60 Minuten. Es scheint mir, dass die Leistungsfähigkeit vergleichbar zur Schweiz ist.
Das Seki Chuo Hospital ist ein lokales, privates Spital mit rund 150 Betten und gehört zu einer Gruppe von 150 Spitälern, welche sich zum TQM einmal im Jahr austauschen. Mr. Masayo Saito, der General Direktor des Seki Chuo Hospital, ist in der Vergangenheit bereits mehrfach für die Kaizen- und TQM-Aktivitäten ausgezeichnet worden. Zur Zeit steht der Operationssaal still, da der einzige Chirurg in Pension gegangen ist und seither kein Nachfolger gefunden wurde. Der Fachkräfte-Mangel ist hier also viel stärker ausgeprägt.
In beiden Spitälern ist die Ärzteschaft leider nicht in die Kaizen-Aktivitäten eingebunden. Ähnliche Ausreden, die wir in Europa hören, werden auch hier verwendet – ZEIT. Jedoch, wer ernten will muss säen oder wer mit einer stumpfen Säge sägt, wird auch nicht schneller, wenn er mehr Schweiss auf der Stirn hat.
Der Reifegrad beider Spitäler ist auf einem eher tiefen Niveau in Bezug auf die Kaizen-Leistung. Das Seki Chuo Hospital arbeitet nun seit 14 Jahren im Bereich TQM und scheint immer noch am Anfang zu stehen, wenn es um den Mindset geht.
Die grossen Unterschiede im Bereich der Spitalleistung hat mich sehr verwundert (siehe Bild 12). Auf 1000 Personen kommen in Japan rund 2.2 Mediziner und in Deutschland sind es 3.7 (+68%). Auch in der Pflege ist das Personal etwas besser besetzt (Japan: 10.1 Pflegekraft auf 1000 Personen und in Deutschland, 11.3 – Abweichung von 11%).
Fazit aus den beiden Workshops in zwei Kliniken: «Everbody, everywhere and everyday improvement» wurde nicht erreicht, jedoch sind TQM und die damit verbundenen Methoden im Einsatz.
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